Bad Dürrheim, 31. Mai 2024
Solemar, SommerSINNfonie, Fachkräftemangel – Freie Wähler informieren sich über Kurbetrieb
Bad Dürrheim – Der Tourismus ist der wirtschaftliche Herzschlag Bad Dürrheims, rund 100 Millionen Euro spült er jedes Jahr in die Stadtkasse. Doch dass er kein Selbstläufer ist, sondern vielen Mühen und finanziellem Aufwand bedarf, erläuterte Kurgeschäftsführer Markus Spettel den Freien Wählern. Einige der Kandidaten für die Kommunalwahl erfuhren an diesem Abend allerhand Wissenswertes rund um den zweitgrößten Arbeitgeber der Kurstadt und auch die prägnanten Themen kamen zur Sprache.
>Solemar: Ein großer Einschnitt in das Kur- und Tourismuswesen wird die aufwendige Sanierung des Solemars werden. Ab dem Jahr 2027 soll die Therme für etwa zwei Jahre geschlossen werden, was bereits jetzt etwa bei Gewerbetreibenden und Beherbergungsbetrieben für Bauchgrummeln sorgt. Pro Jahr besuchen zirka 650.000 Gäste das Solebad. Kurgeschäftsführer Markus Spettel ordnete die wirtschaftliche Bedeutung der Therme ein: Jeder Euro, der in der Therme ausgegeben wird, wird in der Stadt zudem dreifach ausgegeben. Spettel betonte im Hinblick auf die Solemar-Sanierung: „Wir nutzen die drei Jahre bis dahin intensiv, um uns auf die Situation vorzubereiten und schauen, welche Szenarien sich während der Schließung realisieren lassen.“ Dass das Solemar früher oder später grundlegend erneuert werden muss, stand seit jeher fest: Die durchschnittliche Haltbarkeit eines Solebads liegt bei 20 bis 25 Jahren, erklärte Markus Spettel. „Das Solemar ist bereits im 38. Betriebsjahr.“ Wie die Bad Dürrheimer Therme nach dem Umbau aussehen wird, was alles erneuert werden müsse, werde derzeit von Experten ermittelt und entsprechend im Aufsichtsrat im Sommer 2024 erörtert.
>SommerSINNfonie: Ein Thema, das jüngst für viel Wirbel sorgte, war das angekündigte (Test-)Aus für die SommerSINNfonie. Die Hintergründe erläuterte Kurgeschäftsführer Spettel bei dem Treffen und schickte vorweg: „Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht.“ Sie sei auf verschiedenen Pfeilern begründet: Es sei zunehmend schwierig geworden, die mehrtägige Veranstaltung finanziell darzustellen. Die Konkurrenz in der Region wie etwa der Hohnbergsommer oder die Konzerte in Salem sei groß. Dennoch gehe es allen Veranstaltern gleich, sie hätten mit Besucherrückgängen zu kämpfen. Ein weiterer Grund für seine Entscheidung sei die Sorgfaltspflicht, die er gegenüber seiner Mitarbeiter habe. Diese seien in den SommerSINNfonie-Tagen bis spät in die Nacht und wieder ab früh morgens im Einsatz gewesen, was eine enorme Anstrengung darstelle. „In diesem Jahr wollen wir testen, wie es ist, wenn wir die Veranstaltung auf vier Wochen strecken“, sagte Markus Spettel. „Die SommerSINNfonie ist nicht zwingend für immer abgeschafft worden. Wir werden sehen, welche Lösung wir finden und ob wir eventuell Externe in die Organisation und Durchführung mit einbinden werden.“
>Kurhaus: Freie-Wähler-Fraktionssprecher Klaus Götz sprach ein weiteres Thema an, welches in der Bad Dürrheimer Bevölkerung für Gesprächsstoff sorgt: das Kurhaus. Jedes Jahr streicht die kurbetriebseigene Gastronomie horrende Defizite ein. „Wir wollen etwas ändern und haben daher größere Umgestaltungsmaßnahmen vor“, erklärte Kurgeschäftsführer Spettel. „Wir wollen mit einem neuen Gesamtkonzept – mit einem optischen Relaunch und einem neuen Küchenchef – etwas verändern.“
>Fachkräftemangel: Dass der Fachkräftemangel auch im Kurwesen massiv zu spüren ist, führte Markus Spettel an einem eindrücklichen Beispiel aus: „Wir könnten ab sofort zehn neue Physiotherapeuten einstellen, so groß ist der Bedarf.“ Er nannte diese Zahl im Zusammenhang mit dem „großen Thema“ Badekur. Es bestehe viel Interesse an einer Badekur, die Patienten stünden nicht selten unangemeldet bei der Kur- und Bäder GmbH vor der Tür – und müssten aufgrund des Fachkräftemangels abgewiesen werden. „Wenn sich die Patienten anmelden, können wir uns mit entsprechendem zeitlichem Vorlauf vorbereiten“, so Spettel. Hinzu kommt aber noch ein weiterer Knackpunkt: Badekuren müssen von ortsansässigen Ärzten begleitet werden. Zwei Badeärzte muss es laut Statuten geben. Sollte einer der Bad Dürrheimer Badeärzte in den Ruhestand gehen, verliere die Stadt das „Bad“ – mit schwerwiegenden Konsequenzen. Er stehe über den Heilbäderverband des Landes und des Bundes in Kontakt zu anderen Kurbetrieben und tausche sich entsprechend aus, sagte Markus Spettel.
>Zukunft: Eigentlich hatten die Übernachtungs- und Ankunftszahlen in Bad Dürrheim bis zum Jahr 2020 kräftig an Schwung aufgenommen, doch dann kam Corona. Es sei schwierig, an die Zeiten vor der Pandemie anzuknüpfen, so der Kurgeschäftsführer. Die Übernachtungszahlen seien noch nicht auf dem Vor-Corona-Niveau (2019: 671.000; 2023: 583.000). Um die Kurstadt in eine gute Zukunft führen zu können, sieht Spettel einen Bedarf an neuen, größeren Hotelprojekten, „um den Anschluss nicht zu verpassen.“
Bildunterschrift:
Zu Gast bei Kurgeschäftsführer Markus Spettel (Fünfter von links) sind einige Kandidaten der Freien Wähler. Von links: Gottfried Schacherer, Hans Lohrer, Wolfgang Reichmann, Xenia Götz, Corinna Maier, Marco Zillner, Steffen Troppmann, Jens Ott, Sebastian Rauch und Susanna Schmidt. Bild: Klaus Götz
Info: Die Kur- und Bäder GmbH (KuBä) Bad Dürrheim ist mit ihren rund 300 Mitarbeitern der zweitgrößte Arbeitgeber in Bad Dürrheim, nur in der Luisenklinik werden mehr Mitarbeiter beschäftigt. Die Aufträge sind zum einen die Förderung des Tourismus und zum anderen der Betrieb der eigenen Einrichtungen (z.B. Touristinformation, Minara, Wellness- und Gesundheitszentrum Solemar, Mineralbrunnen). Etwa zehn Veranstaltungen werden pro Tag von der KuBä veranstaltet, rund 3000 pro Jahr. Neben der Kur- und Bäder GmbH Bad Dürrheim gibt es noch eine weitere in Baden-Württemberg, die in Bad Krozingen.